Patientin Psychiatrie

De: Unabhängiger Arbeitskreis zur Krise der Psychiatrie
  • Resumen

  • Die Psychiatrie befindet sich gegenwärtig in einer Krise. Die Anforderungen, denen sich die Psychiatrie in der modernen Gesellschaft in Deutschland gegenübersieht, und der Hilfebedarf steigen. Das medizinische Fachgebiet kann den an sie gestellten Erwartungen aber nicht mit den gewohnten Strategien, Paradigmen und Interventionen gerecht werden. Insbesondere mit ihrer einseitigen neurowissenschaftlichen Ausrichtung, ihrem naturwissenschaftlichen Menschenbild und dem Versuch, psychische Probleme vorwiegend als „Gehirnerkrankungen“ mit nur geringer Kontextabhängigkeit zu verstehen, der Öffentlichkeit zu vermitteln und damit biologische Therapien in den Vordergrund zu stellen, hat die akademische Psychiatrie für viele Betroffene kaum noch sinnvolle neue Effekte bewirkt. Keine medizinische Fachdisziplin muss sich so intensiv mit der Wechselwirkung des menschlichen Individuums und seiner Umgebung, Widersprüchen zwischenmenschlichen Lebens und Life events auseinandersetzen. Das bedingt die Notwendigkeit einer deutlich verbesserten Kommunikation auf allen Ebenen. In diesem Podcast sprechen Therapierende über Sinn und Unsinn, Täuschung und Selbsttäuschung und vor allem über exsistierende Lösungsansätze für das Fachgebiet Psychiatrie und Psychotherapie. Email: patientin.psychiatrie@posteo.de Musik: Goodbye Paranoia, https://app.backstagepro.de/goodbyeparanoia
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Episodios
  • 4. Patientin Psychiatrie - Schädliche Helfer?
    Jul 23 2024
    Antidepressiva und ihr Nutzen sind in den letzten Jahren zunehmend hinterfragt worden, spätestens seit der Streit um eine fragliche Überlegenheit gegenüber einem Placebo durch eine Sichtung aller Zulassungsstudien befeuert wurde. Trotz zunehmender Verschreibungszahlen, nimmt die Zahl der Patient:innen aber nicht ab. Rechtzeitig kommt eine neue Produktpalette mit einem neuen Versprechen auf den Markt - die Dissoziativa... Zu Minute 12.50: Es gibt eine Reihe von Hinweisen zu möglicherweise bessern Verläufen der Depression ohne Einsatz von Antidepressiva. Allerdings ist die Evidenzlage nicht so klar: Eine große Meta-Analyse (Cuijpers P, Miguel C, Harrer M, et al. Cognitive behavior therapy vs. control conditions, other psychotherapies, pharmacotherapies and combined treatment for depression: a comprehensive meta-analysis including 409 trials with 52,702 patients. World Psychiatry. 2023 Feb;22(1):105-115) legt nahe, dass kognitive Verhaltenstherapie kurzfristig gleich wirksam ist wie eine antidepressive Medikation, aber langfristig wirksamer in der Verhinderung von Wiedererkrankungen. Das bedeutet, dass kognitive Verhaltenstherapie langfristig am wirksamsten ist (wirksamer als Medikation), und dass die zusätzliche Gabe eines Antidepressivums möglicherweise nichts bringt.Eine deutsche naturalistische Studie (aus der Oberberg-Klinik in Marienfeld in NRW) konnte zeigen, dass eine stationäre Behandlung der Depression die Depressivität wirksam reduzieren konnte, dass Antidepressiva aber keinen Anteil hatten, sondern nur der psychotherapeutische Zugang: Maß R et al. Inpatient treatment decreases depression but antidepressants may not contribute. A prospective quasi-experimental study. Comprehensive Psychiatry 94 (2019) 152124Eine britische naturalistische Studie, dass bei 130 Patienten nach sechs Monaten die Besserungsraten nichtmedikamentös behandelter Patienten bei 71 Prozent lagen und bei den medizierten bei 61%. Menschen mit Antidepressiva-Therapie ging es im Trend im Verlauf schlechter als denjenigen, die nie mit einem Medikament begonnen hatten – wobei der Schweregrad kontrolliert worden war und nicht für die Unterschiede verantwortlich war: Brugha TS, Bebbington PE, MacCarthy B, Sturt E, Wykes T. Antidepressants may not assist recovery in practice: a naturalistic prospective survey. Acta Psychiatr Scand. 1992 Jul;86(1):5-11Eine randomisierte kontrollierte Studie von Dobson et al. 2008 () zeigte, dass eine Verhaltensaktivierung und insbesondere eine kognitive Verhaltenstherapie zu weniger Rückfällen führt nach 24 Monaten wie wenn eine antidepressive Medikation gestartet wurde und nach einiger Zeit wieder reduziert und angesetzt wurde. Die Psychotherapie ist nachhaltiger, auch wenn sie dann im Verlauf beendet wurde. Die Medikation schützt nur vor weiteren Rückfällen wenn sie (unendlich) weitergenommen wird, aber dies wird häufig nicht erreicht oder gewünscht wegen der Nebenwirkungen: Dobson KS, Hollon SD, Dimidjian S, Schmaling KB, Kohlenberg RJ, Gallop RJ, Rizvi SL, Gollan JK, Dunner DL, Jacobson NS. Randomized trial of behavioral activation, cognitive therapy, and antidepressant medication in the prevention of relapse and recurrence in major depression. J Consult Clin Psychol. 2008 Jun;76(3):468-77Auf diese letzte Studie nimmt auch Jürgen Margraf Bezug: https://psychologie-journal.de/psychologie/1405/psychotherapie-ist-wirkungsvoller-als-psychopharmaka/ Eine neuere Auswertung in Psychological Medicine (Hani Zainal 2024) hat gezeigt, dass Psychotherapie wirksamer war als AD alleine oder kombinierte Behandlung in der Vermeidung unerwünschter Wirkungen wie Suizidversuche oder Suizide oder krisenhafte stationäre Aufnahmen war:“To conclude, the present meta-analysis consistently found that psychotherapy monotherapy had stronger aggregate effects than combined treatment (1.9% v. 3.7%) and antidepressant medication-only (3.0% v. 5.6%) in decreasing the probability of suicide attempt, psychiatric emergency department visit, psychiatric hospitalization, and/or suicide death for Major Depression patients”: Zainal NH. Is combined antidepressant medication (ADM) and psychotherapy better than either monotherapy at preventing suicide attempts and other psychiatric serious adverse events for depressed patients? A rare events meta-analysis. Psychol Med. 2024 Feb;54(3):457-472 Es bleibt schwierig nachzuweisen, ob Psychotherapie wirklich langfristig besser wirkt, da die Studien oft nicht daraufhin angelegt sind. Allgemein: Übersichtsarbeiten und Metaanalysen zur Wirksamkeit psychotherapeutischer Verfahren bei Depressionen: Meister et al. 2018/ Schefft et al. 2019/ Cuijpers et al. 2019+2020a+2021a Antidepressive Effekte regelmäßiger Körperlicher Aktivität: Kvam et al. 2016 Wirksamkeitsbelege von KVT und IPT (Verfahren mit der am besten belegten Wirksamkeit) : z.B Barth et al. 2013/ Cuijpers 2021/ Metaanalytische Übersicht: Shinohara et al. 2013 Metaanalyse zur Senkung des ...
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  • 3. Patientin Psychiatrie - Die Pandemie der Depressivität
    Jun 27 2024

    "Depressive Störungen gehören zu den häufigsten und hinsichtlich ihrer Schwere am meisten unterschätzten Erkrankungen." So steht es auf der Homepage des Bundesgesundheitsminiteriums. Seit einigen Jahren bekennen sich viele Menschen zu ihrer Depression. So viele, dass die Behandlungsmöglichkeiten, v.a. allem Psychotherapieplätze knapp werden. Und wer keine Psychotherapie bekommt, der sollte dringend ein Medikament nehmen, oder? Weil "die Depression" ja eine Krankheit ist, oder gibt es da auch andere Möglichkeiten?

    Teil 1 der Serie über Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten

    Email: patientin.psychiatrie@posteo.de

    Literatur:

    Tom Bschor, MD1,6; Lea Nagel, MD1,2; Josephine Unger, MD3; Guido Schwarzer, MSc, PhD4; Christopher Baethge, MD5

    Differential Outcomes of Placebo Treatment Across 9 Psychiatric Disorders

    A Systematic Review and Meta-Analysis

    JAMA Psychiatry. Published online May 29, 2024.

    Pim Cuijpers, Hisashi Noma, Eirini Karyotaki, Christiaan H.  Vinkers,  Andrea Cipriani, Toshi A. Furukawa

    A network meta-analysis of the effects of psychotherapies, pharmacotherapies and their combination in the treatment of adult depression

    World Psychiatry, Volume19, Issue1, February 2020, 92-107.

    Klaus Dörner, Ursula Plog, Thomas Bock

    Irren ist menschlich: Lehrbuch der Psychiatrie und Psychotherapie

    Auflage, Psychiatrie-Verlag, 2019.

    Kirsch I . Deacon BJ . Huedo-Medina TB . Scoboria A . Moore TJ . Johnson BT .

    Initial severity and antidepressant benefits: a meta-analysis of data submitted to the Food and Drug Administration.

    PLoS Medicine Vol. 5, No. 2, e45 doi: 10.1371/journal.pmed. 0050045

    Moncrieff J . Kirsch I .

    Efficacy of antidepressants in adults. BMJ. 2005; 331 155-157

    Thorsten Padberg

    Die Depressions-Falle: Wie wir Menschen für krank erklären, statt ihnen zu helfen. Fischer, 2021.

    Stefan Weinmann

    Die Vermessung der Psychiatrie: Täuschung und Selbsttäuschung eines Fachgebiets. Psychiatrie-Verlag, 2019.

    Stefan Weinmann

    Erfolgsmythos Psychopharmaka. Warum wir Medikamente in der Psychiatrie neu bewerten müssen. Mabuse-Verlag, 2013.

    Irvin D. Yalom

    Existenzielle Psychotherapie

    ‎Edition Humanistische Psychologie - Ehp; 5., korrigierte Auflage, 2010.

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  • 2. Patientin Psychiatrie - Alle verrückt geworden?
    May 31 2024

    Wie kommt es, dass wir in einem der reichsten Länder der Welt leben, aber nicht in einem der glücklichsten? Warum suchen immer mehr Menschen psychiatrische oder psychotherapeutische Hilfe? Wird das Leben immer belastender, verweichlichen wir oder sind wir wirklich alle "verrückt" geworden? Vielleicht kann es ja auch sein, dass diese anstrengenden, unangenehmen Gefühle uns etwas zu sagen haben...

    Email: patientin.psychiatrie@posteo.de

    Literatur:

    Randolph M. Nesse, Gute Gründe für schlechte Gefühle: Evolutionäre Psychiatrie – ein neuer Blick auf negative Stimmungen und psychische Beschwerden, Kösel-Verlag, 2024.

    Thorsten Padberg, Die Depressions-Falle: Wie wir Menschen für krank erklären, statt ihnen zu helfen. Fischer, 2021.

    Arist von Schlippe, Jochen Schweitzer, Lehrbuch der systemischen Therapie und Beratung I und II. Vandenhoeck + Ruprecht, 2016.

    Irvin D. Yalom, Existenzielle Psychotherapie, ‎Edition Humanistische Psychologie - Ehp; 5., korrigierte Auflage, 2010.

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