Thorsten enthüllt sich als Doktor der Amerikanistik. Sie reden über das Thema seiner Promotion. Dabei schlagen sie mühelos einen Bogen zu Dracula, der Fantastik, dem Gatsby und dem amerikanischen Traum. Valentin will alles wissen, aber sie kommen gar nicht dazu. Wieso der Roman "so much pretty" heißt, konnten sie beispielsweise noch gar nicht klären, weil sonst die unüberwindbare 30 Minuten Marke geknackt worden wäre. Es gibt einfach noch so viel über Cara Hoffman und das Schauerliche zu reden, die beiden kommen darauf sicher zurück. Oder auch nicht. Wer weiß, wir haben keine Zeitmaschine.

Sie spoilern euch das Setup des Buches, aber das ist in Ordnung, es lohnt sich trotzdem. Der Leser weiß hier sowieso mehr, als das Personal. Wer trotzdem mittelgroße Spoiler vermeiden will, sollte bei Minute 20 zu 21:30 und bei 26:30 zu 28:30 springen.

Valentin gesteht seine Jugendliebe zum Vampir und erklärt warum Buffy die beste TV-Serie der Welt ist. Thorsten kann nicht ganz erklären, wie der Vampir vom Vergewaltiger zum begehrenswerten Lustobjekt geworden ist, aber das ist nunmal die Welt in der wir Leben. Habt ihr eine andere?
In jedem Fall bleibt der Vampir spannend, auch wenn er nichts mehr mit Bram Stokers Vergewaltiger zu tun hat, sondern ein Identifikations- oder gar Lustobjekt geworden ist.

Wir finden heraus, dass Dracula ursprünglich nicht sexy war, sondern hauptsächlich gewaltätig. Selbst wenn es nicht um Sex geht, geht es bei Bram Stoker doch immer um ein Eindringen, das ganz und gar nicht Gentlemen-like ist, und von weißen Männern mit einer gehörigen Portion Seximus bekämpft werden muss.
Beide sind froh, dass sich die Zeiten zumindest in dieser Hinsicht gebessert haben. Naja, ein bisschen, vielleicht hat sich auch nur das Problem verschoben. Was das mit Homophobie zu tun hat, das könnte ihr euch ja selber anhören.

Thorsten erklärt uns, wie ein ganzer Genrebegriff imperialistisch sein kann. Valentin definiert ihn darum einfach neu, damit man überhaupt noch über Texte reden kann. Den Rest der Episode dominiert die Frage, was Realität eigentlich ist und dass jeder Roman sein eigenes Level an Realität mitbringt, und damit irgendwie fantastisch ist. Denn fantastisch ist es doch wirklich immer, das gute Lesen.

Thorsten steigt heute etwas tiefer in den literarischen Modus der Fantastik ein. Valentin redet über die Erwartungshaltungen bei Genres und wünscht sich einen Kriminalroman, der in der Mitte auf fantastische Art zur Postapokalypse wird. Thorsten mag die Fantastik vor allem, weil man damit der Realität entkommen kann - in jedem Sinne.

Thorsten und Valentin unterhalten sich darüber, was ein Genre eigentlich ist. Valentin baut ein paar Vorurteile ab und Thorsten erklärt uns warum die Fantastik Subversion ist und was das überhaupt heißt. Schlußendlich interessiert eigentlich niemanden was das "Genre" eines Buches eigentlich ist, findet Valentin, er will einfach nur realistische Charaktere haben und nicht von erfundenen Geschwafel gelangweilt werden, darüber wie die Silbergrauzwerge von M'Waaargh ihren Tee brauen oder warum die Taldarianer die ersten waren, die den Proto-Hyperraumflug erfunden haben. Es ist halt nicht jeder Tolkien, kommt darauf doch einfach mal klar!

In diesem kleinen Intermezzo von den großen Fragen der Literatur, suchen Thorsten und Valentin nach Wegen wie man über einen Roman, der in der zweiten Person geschrieben ist, überhaupt reden kann. Sind wir einer zweiten Person näher? Wer ist denn nun die zweite Person, dieser Protagonist, dieser Jacob Hansen aus Stewart O'Nans A Prayer for the Dying. Bin das ich? Bist es du? Oder sind das vielleicht wir alle?
Oder aber ist die zweite Person doch nur eine dritte Person nur mit anderem Pronomen, wie Thorsten vermutet. Valentin ringt nach Worten, wenn es um Personalien geht, ist sich aber sicher, dass hier eine gewisste Aufforderung entsteht, ein literarischer Imperativ, dass wir den Hansen in uns allen finden sollen.

Naja, egal wer du jetzt eigentlich bist, Stewart O'Nan jedenfalls lohnt sich zu lesen weil wir alle werden bessere Menschen durch gute Bücher, das ist ja allgemein bekannt.

Christian Kracht polarisiert mit seiner 90er Jahre-Hedonisten Literatur alle, auch Thorsten und Valentin. Die beiden diskutieren darüber, ob das nicht alles viel zu wenig, viel zu platt sei, um die Zustände eines Jahrzehnts der Verdrängung zu schildern. Irgendwie... irgendwie sind wir alle noch nicht drüber hinweg, wenigstens da sind sich auch Valentin und Thorsten einig. Die Neunziger waren ein Mülljahrzehnt für Müllmenschen und wir leiden heute noch unter dem "Ende der Geschichte".